Bienenstockstirnbretter


In Krain, Kärnten und im Nordwesten der slowenischen Steiermark kamen im 19. Jahrhundert Bienenhäuser, die mit kastenförmigen Bienenstöcken bestückt waren, in Mode.

Eine Besonderheit der Bienenstöcke dieser Gegend sind die bemalten Bienenstockstirnbrettchen an den Frontseiten der Holzkästen, die an der unteren Kante ein Flugloch aufweisen. Das Volkskundemuseum Wien beherbergt mehr als 230 solcher bemalter Brettchen mit vielfältigem Bildschmuck. Religiöse Motive, das bäuerliche Leben, satirische Szenen sowie technische Neuerungen und historische Ereignisse fanden Niederschlag in den gemalten Darstellungen.

Bienenstockstirnbrett mit der Darstellung eines Bären, der Honig stiehlt, datiert 1892, Rosental, Kärnten, ÖMV/62768Volkskundemuseum Wien / Foto: Christa Knott, CC BY 4.0
 



Honig zählt zu den ältesten Nahrungsmitteln der Menschen. In den großen Waldgebieten sammelten früher die so genannten Zeidler den Honig wilder Bienenvölker. Die Bezeichnung leitet sich vom Zeideln ab, womit das Ausschneiden der Honigwaben gemeint ist. Bei der Waldbienenzucht suchte der Zeidler einen geeigneten Baum, von dem er die Äste bis zum Wipfel abschlug. War der Stamm nicht bereits hohl, musste er Löcher für die Bienenbehausungen (Beuten) einhauen, welche danach mit einem Brett wieder verschlossen wurden. Zum Anlocken der Bienenschwärme wurde das Einflugloch mit einer Duftmischung bestrichen. Die Beuten befanden sich in etwa fünf Meter Höhe und sollten so vor Bären geschützt sein.

Bei der Haus- oder Gartenbienenzucht erleichtert die Verwendung von Bienenstöcken oder Bienenkörben das Aufstellen an verschiedenen Orten. Hier sorgt der Imker neben der Haltung auch für die Vermehrung und Züchtung der Honigbienen. Bei den anfänglich verwendeten Bienenkörben mussten die Waben ebenfalls noch herausgeschnitten werden. Erst durch die Umstellung von der Korb- zur Kastenimkerei mit beweglichen Wabenrähmchen vor 160 Jahren war ein schonendes Herausnehmen der vollen Honigwaben möglich.

Die kastenförmigen Bienenstöcke waren in Bienenhäusern untergebracht. Wer ein solches nicht besaß, stapelte die Kästen unter dem Dachvorsprung des Wirtschaftsgebäudes oder unter einem notdürftigen Dach übereinander. Als in Krain, Kärnten und im Nordwesten der slowenischen Steiermark im 19. Jahrhundert Bienenhäuser in Mode kamen, war dies auch die Blütezeit der Stirnbrettmalereien. An den kastenförmigen Bienenstöcken wurden jeweils nur die vorderen, meist längsrechteckigen Bretter bemalt. Diese weisen in der Mitte der unteren Kante eine rechteckige Ausnehmung für das Flugloch auf.

Das älteste bekannte bemalte Bienenstockstirnbrett trägt die Jahreszahl 1758 und belegt somit die lange Tradition, welche nach 1900 zum Erliegen kam. Neben der freihändigen Bemalung gibt es auch serielle Darstellungen in Schablonentechnik. Der vielfach gute Erhaltungszustand der Farben dürfte auf die Verwendung von Erdfarben und hausgemachtem Leinöl zurückzuführen sein. Die Bilder wurden sowohl bei handwerklich ausgebildeten ländlichen Malern in Auftrag gegeben als auch von Autodidakten mehr oder weniger kunstfertig bemalt.

Das Volkskundemuseum Wien beherbergt mehr als 230 bemalte Bienenstockstirnbrettchen. Die Malereien zeigen Motive aus dem Alltag und dem Arbeitsleben, darunter auch die Imkerei. Häufig sind religiöse Szenen aus dem Alten und Neuen Testament sowie Heiligendarstellungen abgebildet. Neben vergnüglichen Bildern mit Tanz und Musik fallen die Motive mit spöttischem Inhalt oder mit Tieren in menschlichen Rollen aus dem Bildprogramm der „verkehrten Welt" auf. Vereinzelt gehören Jagdmotive, Tierabbildungen, technische Neuerungen, historische Ereignisse und Vorlagen aus fremden Ländern zum Bildschmuck.


Nora Witzmann

Kuratorin der Sammlung Bild–Druck–Papier

1. Juli 2025

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